Harald Kurt Liese
Fotos aus dem Frankfurt der 50er und 70er Jahre
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Politische 70er » Nulltarif-Demos

Worum ging es? 1974 wurde der Frankfurter Verkehrsverbund (FVV) gegründet. Damit einher ging u.a. ein einheitliches Tarifsystem für die verschiedenen Verkehrsmittel und -gesellschaften. Vor allem hatten sich aber die Fahrkartenpreise erheblich erhöht, besonders im Stadtgebiet Frankfurt. Damals war die Gesellschaft doch politisierter und die Protestkultur ausgeprägt, und so kam es zu starken, teils gewalttätigen Demonstrationen: "Keinen Pfenning mehr, Nulltarif muß her!"

Der FVV-Kampf war ein heftiger, in seinen Mitteln wenig wählerischer Aufruhr gegen den Frankfurter Verkehrsverbund mit dem Ziel, dass der öffentliche Nahverkehr nichts kosten dürfe. "Fahrtzeit ist Arbeitszeit! Nulltarif für alle!" lautete der Grundgedanke, also betonierte man Schienen zu, plünderte Fahrkartenautomaten, brachte Straßenbahnen zum Entgleisen und lieferte sich mit der Frankfurter Polizei Pflastersteingefechte.

Quelle: Mohr, Reinhard : "Generation Z oder Von der Zumutung, älter zu werden" (siehe auch bei der taz)

Auf der Zeil müssen sich wohl zeitweise 1.000 Polizisten und 5.000 Demonstranten gegenübergestanden haben (vgl. Senioren-Zeitschrift Frankfurt, Seite 17, sorry ich hab keine bessere Quelle gefunden).

Und aus eben jenen Tage stammen diese Fotos von der Zeil, als eine Straßenbahn von der Polizei eskortiert werden mußte. Mein Großvater hat mir mal davon erzählt, wie er während der Mittagspause aus seinem Laden raus ist und schnell ein paar Fotos von der Demo gemacht hatte. Die Aufnahmen entstanden vor der damaligen Hauptpost und dem Peek&Cloppenburg (im Hintergrund zu erkennen), also dort wo heute das myZeil und die Zeilgalerie stehen.

A propos heute: Was die Demonstrationen gegen die Fahrpreiserhöhungen angeht, so ist das für mich (Jahrgang 78) heute fast nicht mehr vorstellbar. Der RMV, seit 1995 Nachfolger des FVV, erhöht praktisch jedes Jahr die Preise. Proteste dagegen hat es seit Jahrzehnten wohl nicht mehr gegeben. Und das obwohl ich der Meinung bin, daß es keine Stadt gibt, weder in Deutschland noch weltweit, in welcher der öffentliche Nahverkehr so unverschämt teuer ist wie in Frankfurt. Kurzstrecken sind viel zu eingeschränkt, Fahrtunterbrechungen sind nicht erlaubt, für den Flughafen gibt es bei Einzeltickets einen Aufschlag und, und, und. Ich war schon in vielen (auch teuren) Städten. Aber wenn man Frankfurter Preise gewöhnt ist, kann einen nichts mehr umhauen.

Naja, die Sache mit dem "Fahrtzeit ist Arbeitszeit" ist dagegen einfach nur sozialromantisch...

Letztes Update:
2011-03-31
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