Harald Kurt Liese
Fotos aus dem Frankfurt der 50er und 70er Jahre
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Zeil » Ammerschläger

Von 1948 bis 2002 war das Bekleidungshaus Ammerschläger eine feste Größe auf der Zeil. Allerdings sind Kaufhaus, Sortiment und Kunden miteinander gealtert und irgendwie wirkte das Kaufhaus dann doch wie aus einer anderen Zeit.

Den Firmengründer Alois Ammerschläger beschreibt das ZDF so:

Alois Ammerschläger, der das Haus 1948 gründete und zur ersten Adresse in Frankfurt machte, war als Unternehmerpersönlichkeit Vertreter einer aussterbenden Spezies. Er stand für ein Lebensgefühl und eine Unternehmenskultur, die im neuen Jahrtausend keinen Platz mehr haben. [...] Sein Freund Walter Wallmann, ehemaliger Oberbürgermeister von Frankfurt, beschreibt Ammerschlägers Motivation so:" Ich verachte diejenigen, die viel Geld in ihrem Leben verdienen, aber nicht bereits sind, etwas zurückzugeben. Das war so seine Lebensphilosophie."

Quelle: ZDF Pressemitteilung

Die Fotos zeigen nicht das Hauptgebäude von Ammerschläger sondern das Grundstück links davon. Früher befand sich dort ein Geschäft namens "Leder Müller". Später entstand dort ein Anbau für Ammerschläger. Das Haupthaus von Ammerschläger erkennt man auf der rechten Seite, dort wo das bekannte "A"-Logo an der Wand hängt.

An der Fassade des Haupthauses erkennt man auch die halbzylindrischen Säulen, die auch heute wieder sichtbar sind, allerdings hinter einer vorgehängten Glasfassade. Ammschläger mußte 2002 schließen. Der 1995 verstorbene Firmengründer war bekannt als Mäzen, der viele karitative Einrichtungen, Sportvereine, die Stadt, Obdachlose auf der Zeil und viele mehr unterstützt hat. Das ganze hat er aber wohl nicht aus den Gewinnen seines Unternehmens finanziert, sondern aus der Substanz. Letztendlich hatte er, ohne daß es viele wussten, über 60 Millionen DM Schulden angehäuft:

Zwei Jahre [d.h. 2001] ist es her, da kamen Carola Ammerschläger die Tränen. Im 5.Stock des Kaufhauses an der Zeil hatte sie zur Pressekonferenz geladen, weil es nicht mehr weiterging: "Jeder hat gedacht, er sei Milliardär", sagte sie damals über ihren verstorbenen Mann, den Kaufhausbesitzer Alois Ammerschläger. In Wahrheit hatte er bei seinem Tod einen Berg von Schulden hinterlassen. Carola Ammerschläger gab an jenem 3. August 2001 bekannt, das Modehaus werde schließen.

Quelle: "Gekämpft, aber vergeblich: Carola Ammerschläger gestorben", FAZ

Pro Jahr musste Ammerschläger 3,6 Millionen DM Zinsen an die Banken zahlen, für die Tilgung vor allem aber für die dringend notwendige Sanierung des Gebäudes (das ja hier auf den alten Fotos zu sehen ist), blieb nicht viel übrig (vgl. "Ammerschlägers Abstieg", TextilWirtschaft).

Unter dem Zwang der Banken hat sich Ammerschläger deshalb zum Verkauf der Immobilie entschlossen. Das der Alois Ammerschläger Stiftung gehörende Geschäftshaus wurde an eine deutsche Versicherungsgesellschaft verkauft. [...] Mit der Schließung von Ammerschläger verschwindet das letzte am Standort Zeil verbliebene inhabergeführte Unternehmen

Quelle: "Aus für Ammerschläger", TextilWirtschaft

Das Gebäüude wurde von der R+V Versicherung gekauft, die es anschließend umfangreich saniert hat und die Flächen u.a. an ZARA vermietet. Der Sanierung ist u.a. auch zu verdanken, daß die Sandsteinfassade mit den Säulen, die auf den alten Fotos zu erkennen ist, wieder zur Geltung kommt:

Die Renovierung des Gebäudes aus dem Jahre 1912 erfolgt in mehreren Etappen. "Zunächst wird das Haus vollständig entkernt," so Dietmar Koch, Projektleiter bei der R+V Versicherung, "und auch am Rohbau sind erhebliche Sanierungsmassnahmen erforderlich". Die rund 10.000 Quadratmeter Gesamtfläche werden innen völlig neu gestaltet und technisch auf den neuesten Stand gebracht - von der Klimatechnik bis zum Brandschutz. Auch die Fassade bekommt ein neues Gesicht: Im Mittelteil soll die ursprüngliche Sandsteinfassade mit den repräsentativen Säulenreihen wieder freigelegt werden - vor Verwitterung geschützt durch eine Ganzglasfassade. Rechts und links davon erhalten die anschließenden Anbauten eine moderne Glas- und Stahlfront. "Diese Lösung verbindet zeitgemäße Architektur mit den historischen Elementen und fügt sich in das Gesamtbild der Zeil harmonisch ein," so Koch.

Quelle: Pressemitteilung der R+V Versicherung

Auf dem zweiten Foto erkennt man im Vordergrund übrigens eine Straßenecke. Dabei handelt es sich um die Reineckstraße, die hier in die Zeil mündet. Genau so wie die Baugasse wurden die Reineckstraße größtenteils durch das heutige Peek&Cloppenburg-Haus überbaut und ist heute kaum noch als Straße zu erkennen.

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Letztes Update:
2011-04-04
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